Zeiterfassung mittels Fingerabdruck?
Jeder kennt es – das Handy oder Tablet wird mit dem eigenen Fingerabdruck entsperrt. Aber muss das auch bei der Zeiterfassung am Arbeitsplatz sein, mit der man sich täglich ein- und ausbucht? Manche meinen ja, denn es ist besonders manipulationssicher. So hat es auch ein Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Berlin argumentiert.
Arbeitsgericht Berlin – Arbeitnehmer muss Zeiterfassung mittels Fingerabdruck nicht nutzen
Um eine lückenlose, korrekte Zeiterfassung zu ermöglichen, stieg der Betrieb von der händischen Aufzeichnung der Arbeitszeit auf eine digitale Zeiterfassung um – mit Fingerabdruck. Das System speicherte dabei nicht direkt den Fingerabdruck, sondern die sog. Minutien. Das sind die charakteristischen Punkte, die Endungen und Verzweigungen der Hautrillen unseres Fingerabdrucks. Ein Mitarbeiter und der spätere Kläger vor dem Arbeitsgericht verweigerte seine Zustimmung zur Verwendung der Zeiterfassung und zeichnete seine Stunden weiter handschriftlich auf. Dafür wurde er vom Arbeitgeber zweimal abgemahnt. Mit seiner Klage verfolgte er die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte. Mit Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Nutzung einer biometrischen Zeiterfassung nicht verpflichtend sei und der Arbeitnehmer keine Pflichtverletzung begangen habe. Die Abmahnungen seien zu löschen.
Nur im Ausnahmefall erforderlich
Das Gericht begründete die Entscheidung insbesondere mit der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Die Speicherung von biometrischen Daten sei ein schwerer Eingriff, der im konkreten Fall tatsächlich erforderlich sein müsse. Dazu stellte es zunächst fest, dass die Minutien biometrische Daten im Sinne von Art. 9 DSGVO sind. Dessen Absatz 1 verbietet die Verarbeitung dieser Daten grundsätzlich. Absatz 2 lässt Ausnahmen unter anderem für den Fall zu, dass der Mitarbeiter seine Einwilligung erteilt hat oder die Verarbeitung erforderlich ist, damit der Arbeitnehmer oder -geber seine aus dem Arbeitsrecht erwachsenen Pflichten nachkommen und seine Rechte ausüben kann. Für diese Erforderlichkeit genügt nach Ansicht des Gerichts nicht, dass es gelegentlich zu Falscheintragungen und zum „Mitstempeln“ durch Kollegen komme.
Bestätigung durch das LAG Berlin- Brandenburg
Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt. Auch das Argument des Arbeitgebers, dass Manipulationen, die auf den handschriftlichen Dokumenten vorgenommen worden seien, in einem digitalen System weiter fortgeführt würden, überzeugte die Richter nicht. Denn ein Papierdokument ließe sich im Nachhinein „durch Überschreibung, Ergänzung und/oder Löschung mittels Korrekturflüssigkeit verändern. Das elektronische System […] speichert auch ohne biometrische Daten des Kl., soweit ersichtlich, die jeweiligen Buchungen, sodass jederzeit nachvollziehbar ist, wann welche Erfassung vorgenommen worden ist.“
Ob am PC, über die App oder ein Zeiterfassungsterminal: Arbeitszeiten erfassen Ihre Mitarbeiter selbst – ohne weiteren administrativen Aufwand.